Montag, 30. März 2015

Ein zweiter Anlauf

Folge 20: (1985)
Und so sprach ich wenig später erneut bei dem Professor vor und wir einigten uns auf das Diplomthema: Nietzsche und der Nationalsozialismus. Inhaltlich sollte es um die Frage gehen, ob zwischen Nietzsches Übermenschen und dem im Dritten Reichen progagierten Übermenschen eine geistige Verbindung bestünde.
     „Nietzsches Also sprach Zarathustra, Hitlers Mein Kampf und ein Aufsatz von Lucacz zu dem Thema sind Pflichtlektüre. Wenn sie die drei Bücher einigermaßen gut referieren, garantiere ich Ihnen, dass die Arbeit durchkommt. Aber ich warne Sie, sollten Sie das nicht tun, lasse ich Sie durchfallen. Und das war`s dann mit Ihrem Studium!“
    Ich besorgte mir die drei Bücher aus der Unibibliothek und rief dann zuhause an. „Schön“, sagte mein Stiefvater, „ dass du dich besonnen hast … für die Dauer der Arbeit überweise ich dir dann wieder das übliche Geld. Sieh zu, dass du es diesmal schaffst!“
    Ich war erleichtert. Jetzt ging das Leben erst einmal in gewohnten Bahnen weiter. Und eigentlich wäre ein Abbruch des Studiums auch meinen Eltern gegenüber nicht fair gewesen, da sie mich ja jahrelang finanziell unterstützt hatten.

Als ich einmal kurz an der Uni war, traf ich Claudia, die ich ja so brüsk zurechtgewiesen hatte, als sie mir von Gott und der Bibel erzählen wollte. (hier clicken) „Weißt du was? Ich bin jetzt auch Christ!“ erzählte ich ihr freudestrahlend. Und gab ihr einen kurzen Bericht, was alles geschehen war seit unserem letzten Treffen.
     Ich hatte erwartet, dass sie sich freuen würde. Aber sie reagierte seltsam zurückhaltend. Meine enthusiastische Begeisterung und auch die Erwähnung des Jesus-Hauses schienen ihr irgendwie nicht zu gefallen. Dachte sie vielleicht genau wie meine Eltern, dass ich in einer Sekte gelandet sei? Ich hakte nicht weiter nach und verabschiedete mich recht bald.