Dienstag, 20. Oktober 2015

Eine denkwürdige Bibelstunde


Folge 28 meiner autobiografischen Erzählung (1986):

In dieser Umbruchphase sprach mich Klaus-Dieter, der Co-Pastor des Jesus-Hauses, nach einem Gottesdienst an: "Sag mal, Heiner, könntest du nicht für mich die Bibelstunde am Mittwoch  übernehmen?" Ich schaute ihn verblüfft an.
  "Ich weiß nicht, ob das so eine gute Idee ist," entgegnete ich, "ich bin doch erst seit knapp ein Jahr gläubig. Also, das traue ich mir eigentlich noch nicht zu." Aber Klaus-Dieter ließ nicht locker: "Ich bin verhindert und habe schon einige Andere gefragt. Keiner hat Zeit." Er lächelte mir ermutigend zu. "Du schaffst das schon! Also, habe ich dein Ja?"
   Ehrlich gesagt war ich  nicht wirklich überzeugt von dieser Idee. Andererseits war ich vom Studium und meinen Schachunterrichten her  solche Lehr-Situationen gewohnt und so willigte ich ein: "Okay, ich mach`s!"  "Klasse! Du wirst sehen: Das klappt schon!" ermutigte er mich noch einmal, bevor er sich umdrehte  und verschwand. 
Am Mittwochabend hatten sich dann etwa zwanzig Personen in der Teestube des Jesus-Hauses versammelt und niemand schien sich groß zu wundern, dass so ein "Greenhorn" wie ich die Bibelstunde abhielt.
    Ich war gut vorbereitet und so verlief die Stunde ohne besondere Vorkommnisse. Ich sprach über den vierfachen "Herzens-Boden", auf den das Wort Gottes fällt und  die zumeist älteren Anwesenden beteiligten sich lebhaft. Schließlich war die Stunde vorbei und ich fragte in die Runde: "Bevor ich jetzt das Schlussgebet sprechen werde … hat vielleicht noch jemand ein Gebetsanliegen?"
   Nach einem Moment des Schweigens meldete sich eine ältere Frau, die ich flüchtig kannte:" Ich war heute bei den Ärzten und bei mir wurde Krebs diagnostiziert!" Alle Augen waren nun auf sie gerichtet. "Ich wünsche Gebet!"fügte sie hinzu.
    "Schwester Börne", sagte ich, " hast du Glauben dafür, dass Jesus dich heilen will?" Wie aus der Pistole geschossen kam die Antwort: "Ja, das glaube ich!" "Gut", sagte ich, "dann komm doch bitte mal hier zu mir nach vorne."

Ich stellte einen Stuhl hin und bat sie darauf Platz zu nehmen. Gleichzeitig forderte ich Sven, einen Neubekehrten etwa in meinem Alter, ebenfalls nach vorne zu kommen um mich im Gebet zu unterstützen. Er war mir wegen seiner klugen Bemerkungen im Unterricht aufgefallen. Außerdem munkelte man im Jesushaus, dass er missionarisch ein richtiger Heißsporn sei.
" Schwester Börne, du hast gesagt, dass du glaubst, dass Jesus dich heilen will.  Sven und ich werden laut für dich beten und die anderen mögen leise mitbeten." Daraufhin legten Sven und ich unsere Hände auf Kopf und Schulter der alten Frau und betete laut: "Jesus, du siehst, dass Schwester Börne glaubt, dass du sie heilen willst. Deshalb bitten wir dich, dass du es auch tust!."
   Sven betete: "Vater, wir wissen, dass dir kein Ding unmöglich ist. Schwester Börne hat die Diagnose Krebs erhalten. Wir akzeptieren das nicht als das letzte Wort in dieser Sache. DU hast das letzte Wort!"
    Im Hintergrund waren deutlich die gemurmelten Worte der Anderen zu vernehmen und ich spürte plötzlich wie die Atmosphäre im Raum sich zu "verdichten" begann. Auf einmal wußte ich mit großer Sicherheit, dass etwas Entscheidendes passiert war. Ich sagte: "Schwester Börne, dein Glaube hat dir geholfen. Jesus hat dich geheilt!"  Sven fügte hinzu: "Deine Sünden sind dir vergeben!"
Ich sprach noch ein Dankgebet und schloss dann offiziel die Bibelstunde.
    Schwester Börne bedankte sich  bei Sven und mir und verließ dann mit den anderen den Raum. "Noch Lust auf ein Bier?", fragte mich Sven. ich zögerte einen Moment, dann aber sagte ich: "Ja gut. Warum eigentlich nicht?" Wenig später verließen wir das Jesus-Haus in Richtung Altstadt.

(Ob Schwester Börne auch wirklich geheilt wurde, erfährt man in der nächsten Folge)

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