Freitag, 13. Februar 2015

Ein Denkzettel


Meine Abenteuer und Leiden in der Nachfolge Jesu

Folge 15: (immer noch in 1985)


Die Erwachsenentaufe am nächsten Tag nachmittags in Grevenbroich überstand ich einigermaßen gut. Der innere Friedensstrom aus der vorhergehenden Nacht blieb den ganzen Tag in mir aktiv, so dass die am Mittag einsetzenden Kopfschmerzen eigentlich keine grosse Rolle spielten. Nun war ich ganz offiziell ein Kind Gottes.
    „Jetzt könntest du ja eigentlich auch Mitglied der Jesus-Hausgemeinde werden,“ sagte jemand zu mir. Die Erwachsenentaufe war Voraussetzung für solch eine Mitgliedschaft.„Dann musst du aber auch den Zehnten regelmäßig bezahlen.“ fügte er hinzu „Den Zehnten?“, fragte ich zurück. „Den zehnten Teil deines Einkommens musst du dann der Gemeinde geben. Ist biblisch!“
     Eigentlich hatte ich mich die ganze Zeit auch so zum Jesus-Haus zugehörig gefühlt und über so etwas wie eine offizielle Mitgliedschaft überhaupt noch nicht gross nachgedacht. Aber warum eigentlich nicht? dachte ich und überschlug kurz was der „Zehnte“ dann für mich bedeuten würde. 90 DM! Nicht gerade wenig für einen Studenten. Blieben etwa 500 DM für den Lebensunterhalt. 

Als ich am nächsten Tag im Gemeindebüro nachfragte, sagte Eva: „Übermorgen ist Gemeindeversammlung. Da könntest du schon offiziel in die Gemeinde aufgenommen werden.“ Ich zögerte: „Und wann wäre die nächste Möglichkeit?“ fragte ich nach. „Dann erst einmal wieder in einem Monat! Überleg es dir!“
     Das tat ich dann auch, kam aber zu keinem rechten Entschluss. Das ging alles ein wenig flott und so einen direkten Vorteil hatte ich ja eigentlich nicht davon. Und die 90 DM sind auch kein Pappenstiel! dachte ich. 

Am nächsten Tag besuchte ich um die Mittagszeit herum Michael, den Esoteriker. „Du, ich habe überhaupt keine Zeit, ich muss gleich los in die Stadt.“ „Kein Problem“, sagte ich, „dann können wir ja ein Stück gemeinsam fahren.“
    Was sich allerdings als keine so gute Idee erwies. Michael war ein recht durchtrainierter Fahrradfahrer und legte ein ziemlich hohes Tempo vor. Eine  offensichtliche Herausforderung zu einer kleinen Wettfahrt! Ich, eher der gemütliche Fahrradtyp, wollte jetzt auch nicht "kneifen" und setzte zur Verfolgungsjagd an. 
    Zu allem Überfluss fing es plötzlich auch noch an zu regnen. Wohl um ein wenig Schutz vor dem Regen zu haben bog Michael auf einen holprigen Waldweg ein. Von da an ging es, in immer noch hohem Tempo, über Stock und Stein … ein ziemlicher Unfug, aber wenn Jungmannen sich erst einmal in ein Duell verstrickt haben ...

 Nach etwa einer Viertelstunde war der Waldweg zu Ende. Ich hatte nur unter Aufbietung aller meiner Kräfte eingermaßen Anschluss halten und einen Sturz vermeiden können. Jetzt stand ich schwer atmend neben Michael. Der sagte lässig: „Ja, ich muss jetzt Richtung Bilk. Also tschüss!“ „Ja, tschüss!!“, sagte ich, stieg vom Fahrrad und sortierte mich erst einmal.
      Auf einmal merkte ich, dass etwas fehlte. Mein Portemonnaie! Eine Schrecksekunde! Ich war mir sicher, dass ich es nach einem Einkauf kurz zuvor in die hinteren Hosentasche gesteckt hatte. Es war weg.  Hastig durchsuchte ich meine Jackentaschen und den Rucksack. Mist. dachte ich, ich muss es bei diesem blödsinnigen Rennen irgendwo auf dem Waldweg verloren haben.
      Ich überlegte wieviel Geld drin gewesen waren. Kurz zuvor hatte ich in einem Supermarkt etwas eingekauft und mit einem Hundertmarkschein bezahlt. Also waren etwa 90 DM im Portemonnaie gewesen. 90 DM? Moment mal. Dass ich ja die gleiche Summe wie mein Zehnter für das Jesus-Haus!“
     Und mit einem mal war mir klar, dass dies alles wohl kein Zufall gewesen war, sondern eine Botschaft darin für mich verborgen war.

Das Ganze hatte einen gefühlten Denkzettel-Charakter. Mein Zögern bezüglich Gemeindebeitritt: 90 DM sind kein Pappenstiel schien in höheren Gefilden nicht unbedingt auf Zustimmung zu treffen. Von mir wurde da wohl eher klare Kante erwartet.
     Ich überlegte kurz, ob ich den Waldweg abfahren und das Portemonnaie suchen sollte. Aber ließ es dann doch bleiben. Ich war einfach zu erschöpft und die Wahrscheinlichkeit es zu finden schien mir nicht allzu hoch. Denn es waren immer vereinzelte Spaziergänger mit Hunden unterwegs. Und die würden es wohl kaum liegengelassen haben.
Langsam schob ich mein Fahrrad Richtung Jesus-Haus und begab mich dann ins Gemeindebüro. 
    „Hallo, Eva“, sagte ich, „du, ich hab es mir überlegt. Ich möchte doch schon morgen der Gemeinde beitreten.“ „Schön“, sagte sie, Sie holte einen Mitglliedsantrag aus einer Schublade hervor und reichte ihn mir. Ich gab ihn ihr wenig später ausgefüllt zurück „Ja, dann bis morgen Abend zur Versammlung“, sagte sie lächelnd.

Folge 14: (hier clicken)

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